Geschichte

Wie die Gemeinde Mandelbachtal 1974 entstanden ist

Unser schönes Mandelbachtal ist die einzige Gemeinde im Saarland, die nicht nach einem vorher schon bestehenden Ort benannt worden ist. Ein Dorf mit dem Namen Mandelbachtal sucht man bis heute auf der Karte vergeblich.

Darüber hinaus wohnen gut zwei Drittel der Einwohner unserer Gemeinde auch überhaupt nicht in dem für unsere Gemeinde namensgebenden Tal, in dem der Mandelbach fließt.

Wie ist unsere Heimatgemeinde dann aber eigentlich zu ihrem ungewöhnlichen Namen gekommen und wann und wie wurde sie geschaffen? Davon wollen wir Ihnen heute erzählen.

Alles fing damit an, dass die saarländische Landesregierung unter dem damaligen Ministerpräsidenten Franz-Josef Röder (1909-1979), gut zehn Jahre nach dem Wiederanschluss des Saarlandes an die Bundesrepublik Deutschland, größere und leistungsfähigere kommunale Verwaltungseinheiten schaffen wollte.

So sollten die teilweise sehr kleinen saarländischen Gemeinden den sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Anforderungen der Zukunft besser gewachsen sein.

Ausgerichtet an der Durchschnittsgröße und Leistungsfähigkeit der neuen Verwaltungseinheiten wollte man danach auch die Aufgaben zwischen dem Land und den Gemeinden und Landkreisen neu verteilen.

Vater der geplanten Kommunalreform war Anfang der 1970iger Jahre der damalige Innenminister Ludwig Schnur (1909-1997), der im Volksmund aber meist nur - gut saarländisch - als „de Fissääl Loui“ bezeichnet wurde. Dieser ging ausgesprochen kühn ans Werk und legte schon 1970 einen ersten Entwurf über den Neuzuschnitt der saarländischen Gemeinden vor.

Aus den 345 saarländischen Gemeinden sollten 50 neue größere Gemeinden gebildet werden.

Dies geschah in einer Zeit, in der in fast allen Bundesländern Gebiets- und Kommunalreformen durchgeführt wurden, allerdings teilweise mit ganz anderen Ansätzen, als bei uns im Saarland.

Wie zu erwarten war, stießen die Planungen der Landesregierung schnell auf teilweise erbitterten Widerstand der Kommunalpolitiker und der Bevölkerung vor Ort, die sich vielerorts massiv gegen die geplanten Zusammenschlüsse mit allen Mitteln, auch juristischen, zur Wehr setzten.

Der Grund für diesen Widerstand lag vor allem darin, dass bei der geplanten Verwaltungsreform oftmals nicht auf althergebrachte Verkehrsströme, historische Hintergründe und auch nicht auf gewachsene Feindschaften zwischen den Orten Rücksicht genommen wurde. Die Rohrbacher wollten keine St. Ingberter werden, die St. Ingberter wollten wiederrum auch weiterhin Kreisstadt sein, und viele derartige Themen prägten in den kommenden Jahren die öffentliche Diskussion.

Mit der Verkündung des Gesetzes zur Vorbereitung der kommunalen Gebietsreform kam die Geschichte am 17. Dezember 1970 ins Rollen und sorgte für eine lebendige öffentliche Auseinandersetzung, die sich am Schlussbericht einer von Minister Schnur eingesetzten Arbeitsgruppe zur Neugliederung der Orte entzündete.

Nach dem vorgelegten Neugliederungsvorschlag sollten die selbstständigen Gemeinden Biesingen, Aßweiler, Erfweiler-Ehlingen, Wittersheim, Bebelsheim und Habkirchen, die alle im Mandelbachtal lagen, zu einer neuen Gemeinde zusammengefasst werden.

Da es sich aber dabei allesamt um kleine Dörfer handelte und die neu zu schaffenden Gemeinden nach den Vorgaben des Ministeriums nach Möglichkeit um die 10.000 Einwohner haben sollten, wurde auch noch das große Dorf Bliesmengen-Bolchen dazu genommen, das in den ersten Entwürfen eigentlich noch dem Nahbereich Kleinblittersdorf zugeordnet worden war.

Umgangssprachlich wurde wegen des geografischen Zuschnitts in den nachfolgenden Diskussionen und Beratungen bei dieser Gemeinde meist nur von der „Mandelbachtalgemeinde“ gesprochen.

Die Dörfer Ormesheim, Ommersheim und Heckendalheim hingegen sollten zusammen mit den beiden anderen ehemals bayrischen Dörfern Eschringen und Ensheim zum ehemals preußischen Saarbrücken hinzukommen.

Von den Menschen vor Ort wäre stattdessen eine sogenannte „Flughafengemeinde“ aus den fünf Dörfern rund um den Flughafen präferiert worden, allerdings lief es seitens des Ministeriums schon bald darauf hinaus, dass die fünf Orte wohl zu Saarbrücken eingemeindet werden sollten, da die Landeshauptstadt den Flughafen gerne in ihrem Stadtgebiet haben wollte.

Auf dieser Grundlage kam es in all unseren Dörfern zu massiven Diskussionen und Meinungsverschiedenheiten, die auch quer durch die Parteien und die Bevölkerung verliefen.

Jeder hatte andere Präferenzen und Vorstellungen. Um ein klares Stimmungsbild zu erhalten, wurden deshalb in den Dörfern in den Jahren 1972 und 1973 auch Bürgerbefragungen durchgeführt, mit denen die Meinung in der Bevölkerung abgefragt werden sollte.

Aber auch nach diesen Abstimmungen gab es mancherorts trotzdem kein klares Stimmungsbild.

In Bliesmengen-Bolchen wollte zum Beispiel etwa die Hälfte der Bevölkerung (564 Einwohner) lieber zur neuen Gemeinde Kleinblittersdorf gehören, die andere Hälfte (579 Bewohner) lieber zu dieser neuen „Mandelbachtalgemeinde“.

Die Einwohner von Ormesheim waren dagegen mehr angetan von der geplanten Großgemeinde „Mandelbachtal“, als von einer Zugehörigkeit zu Saarbrücken. 70,08 % der Ormesheimer sprachen sich bei der Bürgerbefragung am 23. April 1972 für einen Anschluss an die „Mandelbachtalgemeinde“ aus und nur 29,92 zog es in die große Stadt Saarbrücken.

In Ommersheim und Heckendalheim, die in der Geschichte stets von einem gemeinsamen Amt verwaltet worden waren, zog es die Bewohner eher nach St. Ingbert, nur wenige hatten keine Probleme mit Saarbrücken, wieder andere fanden größeren Gefallen an einer Zugehörigkeit zur „Flughafengemeinde“.

Letztlich sah es aber noch bis in den Sommer 1973 stark danach aus, als ob Ommersheim und Heckendalheim zusammen mit Ensheim und Eschringen zu Vororten von Saarbrücken werden sollten.

Erst im Oktober 1973 wurde im Innenministerium schließlich endgültig entschieden, dass Ommersheim und Heckendalheim ebenfalls in die neu konzipierte Einheitsgemeinde „Mandelbachtal“ einbezogen und die Gemeinden Aßweiler und Biesingen aus der geplanten Gebietskörperschaft herausgenommen und der Stadt Blieskastel zugeordnet werden sollten.

Damit war der Zuschnitt der künftigen Großgemeinde, die schon am 1. Januar 1974 ihre Arbeit aufnehmen sollte, vollzogen

Da aber nach wie vor Saarbrücken darauf bestand, dass alle baulichen Anlagen des Flughafens auf dem Stadtgebiet Saarbrücken liegen sollten, verlangte das Innenministerium, dass der Gebietszipfel, auf dem die Leuchtfeueranlage des Flughafens Ensheim liegt, noch aus der Gemeinde Ormesheim ausgemeindet werden musste. Diesem Vorschlag stimmte der Gemeinderat Ormesheim in seiner letzten Sitzung am 23. November 1973 zu.

So kommt es, dass von Ommersheim kommend die Flughafenstraße und der Teil rechts daneben ab der Einmündung nach Ormesheim nicht mehr zu Mandelbachtal, sondern zu Saarbrücken gehört. Ein Teil des Wanderweges „Rund um Dalem“ verläuft demnach auf Saarbrücker Gelände. Weiß auch nicht jeder.

Als einzige Gemeinde im Saarland hatte das neue Gebilde bei uns aber immer noch keinen Namen. Eine Lösung, wie sie zum Beispiel in Gersheim gewählt wurde, den Namen des größten Ortsteiles zu nehmen, war in unserer Gemeinde nicht machbar. Die Bebelsheimer, Wittersheim, Menger, Ommersheimer und auch alle anderen Dörfer wollten auf gar keinen Fall zu Ormesheimern werden.

Gleichzeitig hatte sich der Arbeitsname „Mandelbachtal“ inzwischen aber bei vielen im täglichen Sprachgebrauch längst durchgesetzt und klang auch lange nicht mehr so fremd, wie anfangs. So wurde er letztlich zum Namen unserer Gemeinde, in der aber eigentlich wesentlich mehr Menschen an der Blies und am Saarbach wohnen, als am Mandelbach.

Nachdem der saarländische Landtag am 19. Dezember 1973 das von der Landesregierung vorgelegte Gesetz zur Neugliederung der Gemeinden und Landkreise des Saarlandes beschlossen hatte, trat es zum 1. Januar 1974 in Kraft.

Die neugebildete Gemeinde Mandelbachtal hatte zu diesem Zeitpunkt rund 11.400 Menschen in einem Gebiet von 57,81 km². Damit gehört sie flächenmäßig zu den größten Gemeinden unseres Landes. Eine Rundfahrt durch alle acht Ortsteile beträgt stolze 28 km.

Da die neugeschaffene Gemeinde nun auch regiert und verwaltet werden musste, aber die Kommunalwahlen zum Wahl des Gemeinderates erst am 5. Mai 1974 stattfanden, wurde vom Landrat zunächst ein Beauftragtengremium geschaffen, in dem 17 stimmberechtigte Vertreter aus allen acht ehemaligen Gemeinderäten saßen. Dieses Beauftragtengremium tagte am 22. Januar 1974 in der Grundschule Ormesheim zum ersten Mal.

Als Vorsitzender des Gremiums war vom saarländischen Innenministerium der bisherige geschäftsführende Beamte der Gemeinde Ormesheim, Theo Carlen (1928-1984), eingesetzt worden.

Theo Carlen eröffnete die erste Sitzung des Beaufragtengremiums im Januar 1974 und ging mit einer schönen Metapher, in der er die neue Gemeinde mit einem Baby verglich, auf die großen Schwierigkeiten ein, die man bei der Bildung der Gemeinde in den vorherigen Jahren in der Gemeinde ertragen und ausfechten musste.

„Wenn auch manche Bürger dieser neuen Gemeinde mit deren Zuschnitt nicht einverstanden sind, wenn einige hinsichtlich der Gemeinde Mandelbachtal nicht von einem „Wunschkind“ sprechen, so müssen wir doch gestehen: es hätte schlimmer kommen können.

Um bei dem Vergleich mit dem Kind zu bleiben, wollen wir gerne eingestehen, dass unser „Neugeborenes“ erst nach großen Anstrengungen seiner Eltern das Licht der Welt erblickt hat und dass ihm zum Idealgewicht – weniger von der Länge – einige Gramm fehlen, die gerade bei Kindern in den ersten Lebenstagen von einer gewissen Bedeutung sein können.

Ansonsten aber stellen wir fest, dass dieses unser Kind mit dem etwas eigenwilligen Namen „Mandelbachtal“ über heile Glieder verfügt und frei von erkennbaren Fehlbildungen ist. Und dieses scheint mir für eine gute Entwicklung letztlich von ausschlaggebender Bedeutung zu sein.

Wie oft haben wir es erlebt, dass sich ein Kind nach anfänglichen Startschwierigkeiten später zu einem prächtigen Menschen entwickelt hat!“

Theo-Carlen war sich bei der Eröffnung der Sitzung sicherlich der hohen Bürde seiner Aufgabe sehr bewusst. Mit der Gründung der Gemeinde waren die Probleme nämlich noch lange nicht ausgestanden, sondern begangen eigentlich erst richtig.

Das Beauftragtengremium setzte sich nämlich aus den führenden Kommunalpolitikern der acht Ortsteile zusammen. Ehemalige Bürgermeister und Fraktionsführer, kleine Ortsfürsten, denen es oft schwerfiel, sich mit den geänderten Machtverhältnissen zu arrangieren.

Es sollte noch eine Menge Arbeit bedeuten, in den kommenden Jahrzehnten das vorherrschende Kirchturmdenken zu überwinden und als Gemeinde zusammen zu wachsen. Auch heute noch ist bei manchen in unserer Gemeinde dieses Denken leider noch nicht völlig aus den Köpfen verschwunden.

Von daher stehen die weiteren Worte Carlens, gleichsam wie ein Vermächtnis, für alle nachfolgenden Generationen von Menschen, die in unserer Gemeinde Verantwortung tragen:

„Manchen von Ihnen mag der Vergleich mit einem Neugeborenen deplatziert oder verrückt anmuten. Im Grunde genommen ist er aber wohl richtig. Wir haben etwas gänzlich neu Geschaffenes, als etwas Geborenes, erhalten, dem es gilt, unsere Zuneigung, unsere Hilfe und Unterstützung angedeihen zu lassen.

Dafür ist es notwendig, eine gute Kommunalpolitik zu betreiben. Wir verstehen darunter die Kunst, Entwicklung und Zielsetzung unserer neuen Gemeinde zu steuern, dass sie die gegebenen Entfaltungsmöglichkeiten ausnutzt, sich vielleicht sogar zusätzlich neue erschließt und alles unternimmt, um dem Gemeinwohl, d.h. dem Wohle der Bürgerschaft gut zu dienen.

Um dies zu ermöglichen, müssen wir, so meine ich, zuerst unseren Blick nach innen wenden und uns die Frage vorlegen: Wie stehe ich zu meinen neuen Mitbürgern? Bin ich bereit, mit ihm zusammenzuarbeiten, ihn als gleichberechtigter Partner anzuerkennen, ohne Voreingenommenheit, frei von kleinkariertem Denken, Eifersüchteleien und Überheblichkeit?

Wenn diese innere Einstellung in jedem von uns in Ordnung gebracht ist, dann stellt sich erst das Zusammengehörigkeitsgefühl ein und ein gemeinsamer Bürgersinn kommt auf, der sich nicht an den Gemeindegrenzen von gestern orientiert, sondern nach der großen Gemeinschaft drängt, die dann auch in der Lage ist, die ihr gestellten Aufgaben in den verschiedenen Bereichen des kommunalen Lebens zu bewältigen!“.

Leider waren die ersten zehn Jahre der Amtszeit von Bürgermeister Theo Carlen auch noch weiterhin oft geprägt von Kirchturmdenken und kleinlichen Streitereien im Gemeinderat.

Eine Situation, an der auch die Gesundheit unseres ersten Bürgermeisters zunehmend Schaden nehmen sollte. Kurz nach seiner Wiederwahl am 14. April 1984 verstarb Theo-Carlen im Alter von fast 56 Jahren, noch bevor seine zweite Amtszeit begonnen hatte.

Da es in der neugebildeten Gemeinde noch kein zentrales Rathaus gab, war die Verwaltung in den ersten Jahren aufgeteilt auf die ehemaligen vier Ämter Bebelsheim, Ormesheim, Bliesmengen-Bolchen und Ommersheim in den früheren Bürgermeisterämtern.

Dieser Zustand brachte viel Fahrerei für die Bediensteten, vor allem aber für die Bürger unserer Gemeinde. Deshalb sollte schnellstmöglich ein zentrales Rathaus gebaut werden.

Leider sollte es auch über den Standort des Rathauses erst noch eine lang andauernde Streiterei im Gemeinderat geben, bevor der Sitz der Verwaltung endlich beschlossen werden konnte.

Das erste gedruckte Mitteilungsblatt für die Gesamtgemeinde Mandelbachtal erschien am 4. April 1974. In dieser Ausgabe wurde dann auch die Auslegung der Wählerverzeichnisse für die Kommunalwahl am 5. Mai 1974 bekannt gemacht. Der neugewählte Gemeinderat tagte dann zum ersten Mal am 21. Mai 1974.

In seiner Sitzung vom 30. Juli 1974 stand dann die lange erwartete Wahl des ersten Bürgermeisters der Gemeinde Mandelbachtal an. Wie sicherlich viele Leser wissen, wählten die Ratsmitglieder einstimmig Theo Carlen.

In der gleichen Sitzung wurde dann übrigens noch einmal ein Vorstoß gemacht, den Namen der Gemeinde Mandelbachtal zu ändern.

Am 8. August 1974 forderte deshalb Bürgermeister Theo Carlen im Auftrag des Gemeinderates sogar die Bevölkerung im Mitteilungsblatt dazu auf, neue Namensvorschläge zu machen.

Dabei wurden folgende Vorschläge gemacht: Mandelthal, Manderthal, Mandelbliesthal, Achtersheim, Achtershausen, Mandelbach, Achtkirchen, Klosterkirche, Gräfinthal und Brudermannsfeld.

Allerdings fand letztlich keiner der eingereichten Vorschläge eine Mehrheit gegen den schon bestehenden Namen. In der letzten von drei Abstimmungen im Gemeinderat hatten letztlich 19 Ratsmitglieder für die Beibehaltung des Namens Mandelbachtal gestimmt, zwölf für die etwas kürzere Version Mandelbach. So blieb es bei dem ursprünglichen Arbeitsnamen des Innenministeriums.

Im Nachhinein gesehen war das wohl die beste Entscheidung. Heute sind wir alle sehr froh, in einer Gemeinde leben zu dürfen, die einen so wundervollen Namen trägt…

 

Text: Manfred Pfeiffer

Verkehrsverein Mandelbachtal e.V.
Vorsitzender Manfred Pfeiffer
Theo-Carlen-Platz 2
66399 Mandelbachtal

Telefon: 0176 23355902
E-Mail: verkehrsverein@mandelbachtal.info

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